Page 29 - Gehaltvoll 6.2
P. 29
Ermutigung kann einem entmu- glauben. Doch dort, wo sich ver- dem Lehrer aufzuzeigen, dass die
tigten Menschen Selbstwertge- meintliche Begabungsgrenzen Störung zu einem beträchtlichen
fühl, Lernfähigkeit und Entwick- zeigen oder jemand sich für un- Teil durch Selbsterfüllung dieser
lungsmöglichkeiten zurückgeben: begabt hält, liegt oft lediglich ein Überzeugung verursacht wurde.
Selbstwertgefühl Mangel an Selbstvertrauen vor.
Entmutigung beeinflusst das Jegge schreibt in seinem Buch Demgegenüber wirken Mut und
Selbstwertgefühl. Ein entmutigter „Dummheit ist lernbar“ von ei- Zuversicht folgendermaßen:
Mensch neigt dazu, beim kleins- nem Sonderschüler, dem von der - Mut macht den Menschen zur
ten Hindernis aufzugeben, weil Kinderpsychiatrie ein „leichter Übernahme von Aufgaben bereit.
er sich nicht zutraut, das Hinder- Hirnschaden“ attestiert wurde. Er macht aus einer bedrohlichen
nis zu überwinden. Damit kann Die durch diese Diagnose erzeug- Aufgabe eine herausfordernde.
er nicht die nötige Motivation te Stigmatisierung führt zu einer - Mut hilft, die eigenen Begabun-
entwickeln, das Hindernis auch zusätzlichen Lerneinschränkung. gen zu entdecken und auszubau-
bewältigen zu wollen. So scheu- Jegge fragt, ob die Einschränkung en.
en entmutigte Menschen davor im Lernvermögen (langsameres - Mut ermöglicht, Entdeckungs-
zurück, sich auf unbekanntes Ter- Begreifen und Arbeiten, schwache drang und Forschergeist zu entwi-
rain einzulassen, vermeiden Ver- Schulleistungen und auftretende ckeln und Neugierde auszuleben.
änderungen und Verantwortung Verhaltensstörungen) tatsäch- - Mut gibt Kraft und Schwung,
und entscheiden sich für Sicher- lich bereits die Begabungsgrenze die Aufgaben, die sich stellen,
heit. Entmutigte Menschen rich- darstellte oder ob die durch die auch tatsächlich in Angriff zu
ten ihr Leben nach dem Motto Diagnose erzeugte Stigmatisie- nehmen und Widerstände zu
aus: „Nimm dir nichts vor, dann rung zu einer zusätzlichen Ler- überwinden.
schlägt dir nichts fehl“. neinschränkung führte, ob also
die Auffälligkeiten durch die Ent-
mutigung des Schülers zumindest
Denkhemmungen verstärkt wurden. Der Junge
Mangel an Zuversicht und Selbst- glaubte selbst, lernunfähig
vertrauen kann sich beim Ler- zu sein. Durch einen
nen in Form von „Denk-“ oder glücklichen Zu-
„Lernblockaden“ äußern. Denn fall gelang es
Denken und Begreifen beim Ler-
nen sind nicht nur eine Frage der
Intelligenz, sondern auch eine
Frage des psycho-emotionalen
Zustandes. Die Überzeugung, in
einem Gebiet unfähig zu sein, die
als Kind erlernt wurde, kann sich
als Erwachsener immer noch in
Form einer Denksperre auf dem
entsprechenden Gebiet äußern.
Umgang mit Grenzen
der Begabung
Denk- und Leistungsblocka-
den können durch naive Be-
gabungstheorien entstehen.
Es zeigt sich, dass entmutigte
Menschen nicht selten an eine
eigene Leistungsbegrenzung
29
